TEMME,J.D.H., Erinnerungen. Hg. von St. Born. Leipzig 1883
Erinnerungen. Hrsg. von Stephan Born. Leipzig, Ernst Keil, 1883.
8vo. Bildnis von Temme, Tb., XIV, 1 Bl (Inhalt), 528 S. Zeitgenössischer Halblederband mit gepr. Rückentitel. (Ebd. stellenw. leicht ausgebessert).
Die spannenden Lebenserinnerungen des Politikers, Juristen und Schriftstellers Temme (1798-1881), die sein Schwiegersohn Born, ein führender Kopf der Arbeiterbewegung, herausgegeben hat. – Temme vereinigt im Grunde vier Karrieren in einer Person, was seine Erinnerungen zur spannenden und lehrreichen Lektüre macht: zum einen die Karriere des Beamten im Justizdienst, in den er nach seinem Jurastudium in Münster und Göttingen (1814-1819, hier Mitglied des Corps Guestphalia) eintrat (Fürstl.-Bentheimisches Land- und Stadtgericht in Limburg a. d. Lenne, Kreisjustizrat in Ragnit in Preußisch-Litauen seit 1833, Kriminaldirektor in Stendal seit 1836, Richter am Hofgericht in Greifswald seit 1838, Direktor des Land- und Stadtgerichtes von Tilsit seit 1844, Staatsanwalt in Berlin seit 1848); des Weiteren seine Karriere als liberaler Politiker, die ihn in die Preußische Nationalversammlung, in die Frankfurter Nationalversammlung (Fraktion Westendhall) und in das Stuttgarter Rumpfparlament trug, aber auch durch die „Stuttgarter Beschlüsse“ eine Anklage wegen „Hochverrat“ und eine neunmonatige Festungshaft einbrachte, was letztlich – trotz Freispruchs – in die Entlassung aus dem Staatsdienst Anfang 1851 führte, ohne Pensionsanspruch. Nach einem kurzen Intermezzo als Chefredakteur bei der Neuen Oderzeitung in Breslau folgte er im Jahre 1852 einem Ruf als Professor des Kriminalrechts an die Universität Zürich. Temmes akademische Laufbahn bildet sozusagen seine dritte Karriere. Den Lehrstuhl hatte er bis zu seinem Tode inne, allerdings unbesoldet, was uns zur vierten Karriere von Jodocus Temme führt: von Beginn an, seit seiner Zeit beim Land- und Stadtgericht in Limburg a. d. Lenne, war Temme schriftstellerisch tätig, für Zeitschriften unter dem Pseudonym Heinrich Stahl, aber auch durch eigene belletristische Veröffentlichungen von Romanen und Erzählungen im Genre der Kriminalliteratur, dem er wichtige Impulse gab (Verarbeitung wahrer Fälle, z. B. des Wilderers Hermann Klostermann, oft mit sozialkritischen Anklängen).
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