BAYLE,P., Dictionaire historique et critique. 04.A. 4 Bde. Amsterdam 1730
Dictionaire historique et critique. Quatrieme Edition, revue, corrigée, et augmentée avec la vie de l’Auteur, par Mr. des Maizeaux. 4. Ausgabe. 4 Bde. Amsterdam und Leiden, chez P. Brunel, R. & J. Wetstein & G. Smith, Samuel Luchtmans u. a., 1730.
Fol. (I:) Vortitel, Tb. in Rot-Schwarz-Druck mit gest. Vignette (so für alle Bände), 5 Bll., CXVI, 719 S.; (II:) Vortitel, Tb., 915 S.; (III:) Vortitel, Tb., 831 S. mit Schlussvignette; (IV:) Vortitel, Tb., 804 S. Die Titelbll. jeweils mit gestochener Titelvignette von Bernard Picard. Prächtige zeitgenössische Kalbslederbände auf sechs Bünden geheftet mit reicher Rückenvergoldung, roten geprägten Rückentitelschildern u. schönem Marmorschnitt. (Papier stellenw. etw. stockfl., überwiegend aber sehr frisch).
Monument der Frühaufklärung in phantastischem Zustand! – Bayle (1647-1706), Sohn eines hugenottischen Predigers, gilt – neben dem zehn Jahre jüngeren Fontenelle – als die zentrale Figur der französischen Frühaufklärung. Aufgrund der Hugenottenverfolgungen – mit ihrem Höhepunkt in der Aufhebung des Toleranzedikts von Nantes im Jahre 1685 durch Ludwig XIV. – ging Bayle nach Rotterdam, wo er einen Ruf als Professor der Philosophie und Geschichte annahm. Er wurde mit seinen Schriften, insbesondere den „Nouvelles de la République des Lettres“, die er von 1684 bis 1687 herausgab und für den Drucker Henri Desbordes redigierte, zu einem Bezugspunkt für die emigrierte französische Gemeinde der Hugenotten, die sich über ganz Europa verstreut hatte. Das „Dictionnaire“, zunächst in zwei Bänden erschienen, wurde vom holländischen Verleger Reinier Leers bestellt und sollte für den Verleger eine modernisierte Version von Louis Moréris „Grand Dictionnaire historique“ (zuerst 1674) werden, eines Namens- und Personenlexikons. Bayle schuf aber stattdessen ein Dictionnaire neuen Typs, eben das „Dictionnaire historique et critique“, wobei die kritische Sichtung des Wissens die Hauptrolle übernahm. Das dargelegte Wissen wird kritisch hinterfragt, verschiedene Standpunkte werden dargelegt und sollen die Leser zum ständigen Hinterfragen animieren. Das Lexikon lehrt das skeptische Argumentieren, Fakten sollen nicht unkritisch serviert und konsumiert, sondern problematisiert werden. Damit wird Bayle zum „eigentlichen Schöpfer der historischen Akribie“ (Ernst Cassirer), worin sein Hauptverdienst für die Entwicklung des aufgeklärten Denkens besteht. Friedrich II. von Preußen schätzte Bayle – wie viele seiner Zeitgenossen – über alle Maßen und bewahrte zahlreiche Auflagen in seiner Bibliothek auf. Es ergibt sich aus Bayles philosophischem Zugang beinahe zwangsläufig, dass sich der große Frühaufklärer bis an sein Lebensende im Jahre 1706 in seinem Exil in Rotterdam zahlreicher Angriffe erwehren musste, insbesondere von theologischer Seite aller Konfessionen. Erst nach Bayles Tod wurde seine überragende Bedeutung im stets wachsenden Strom seiner Bewunderer gewürdigt. Bayles Lexikon, sein wichtigstes Werk, zuerst im Jahre 1697 in Rotterdam erschienen, erlebte bis 1760 mehr als 10 Auflagen. Die Erstausgabe des berühmten „Dictionaire“ erschien zuerst im Jahre 1697 in 2 Bänden in Rotterdam beim Verleger Reinier Leers, die zweite Ausgabe ebenda im Jahre 1702, aber bereits 3-bändig. Das Werk wurde nach Erscheinen in zahlreichen Ländern sofort von den Zensurbehörden verboten. Bei der dritten Ausgabe handelt es sich um die erste postume Ausgabe. Sie erschien im Jahre 1715, 9 Jahre nach Bayles Tod im Jahre 1706, wieder bei Leers in Rotterdam in 3 Bänden. Der Verleger Bohm, ebenfalls aus Rotterdam, unterzog die dritte Ausgabe einer Revision, offenbar noch anhand überkommener Unterlagen Bayles und veröffentlichte es – trotzdem – erneut als dritte Ausgabe, als „troisieme Edition, revue, corrigée, et augmentée par l’auteur“, jetzt erstmals in 4 Bänden! Eine erste deutsche Ausgabe erschien erst in den Jahren 1741 bis 1744 als „Peter Baylens historisches und kritisches Wörterbuch“ unter der Herausgeberschaft Johann Christoph Gottscheds. – Zu den Ausgaben vgl. Brunet I, 711 (″Edition la plus belle et qui a ete longtemps la plus recherche de ce dictionnaire“); Zischka 7; Graesse I, 314; vgl. PMM 155 b. u. 300.
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