SAVIGNY,F.C.v., Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung. 01.A. Heidelberg 1814.
Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, bey Mohr und Zimmer, 1814.
8vo. Tb., 1 Bl., 162 S. Schlichter Halbleder des 19. Jahrhunderts. (Namenseintrag auf Tb. u. Vorsatz, Exlibris-St. auf Tb.).
Erste Ausgabe der berühmten Streitschrift zur Kodifikationsfrage! – Im Frühjahr des Jahres 1814 forderte der grosse Pandektist und Heidelberger Professor der Rechte Thibaut in einer kleinen Schrift die Kodifikation des deutschen Rechts. Nach dem Code civil von 1804 und dem Österreichischen Allgemeinen Gesetzbuch (ABGB) von 1811 lag die Frage und der Streit einer nationalen Kodifikation in Deutschland geradezu in der Luft. Eine rasche Antwort von Savigny (1779-1861) war von grosser Wichtigkeit, zumal in Berlin Gerüchte kursierten, man wolle auf dem Wiener Kongress das ABGB von Österreich auch in Deutschland einführen. Der Code Napoleon war teilweise geltendes Recht in einigen Gebieten Deutschlands. Thibaut (1772-1840) forderte in seiner kleinen Schrift eine einheitliche Gesetzgebung für Deutschland auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts, worunter er das Zivil-, Straf- und Prozessrecht verstand. Thibaut beendete am 19. Juni 1814 die Niederschrift zu seinem kleinen Werk. In den Tagen der Befreiungskriege, die der Patriot Thibaut als „herzerhebende Zeiten“ beschreibt, war die Forderung nach einem gemeinsamen deutschen Gesetzbuch ein wichtiger Schritt zur nationalen Vereinigung. Bereits am 11. Oktober 1814 schreibt Savigny an einen Kollegen, dass in einigen Tagen sein „kleines Buch gegen Gesetzbücher und Thibaut“ fertig sein wird. Am 22. Oktober schrieb Savigny, dass bereits vorgestern einige gedruckte Exemplare in Wien (zum Wiener Kongress) eingetroffen seien. Gewaltig war das Aufsehen, als Savigny im Herbst 1814 seine Gegenschrift zu Thibauts Forderungen vorlegte, gerade war der Wiener Kongress zusammengetreten. Es wurde die berühmteste und auch folgenreichste juristische Streitschrift, die Deutschland erleben sollte. „Vom Beruf unserer Zeit“ war eine auch von seinen Kritikern anerkannte glänzende Schrift, mit der Savigny zugleich die Vorschläge von Thibaut aus der öffentlichen Diskussion verbannte, damit die geforderte Kodifikation verhinderte und zugleich eine programmatische Niederschrift der historischen Rechtsschule vorlegte. Grundlage seiner Anschauung war, dass nicht die gesetzte Willkür des Staates Recht erzeuge, sondern „innere, stillwirkende Kräfte“, also eine Art von Volksgeist, der die Gesellschaft eine juristische Seele einhaucht, die zu erblicken und niederzuschreiben des Juristen Handwerk und Kunst, eben ihr „Beruf“ sei. – Vgl. Goed. VI, 233, 2; Kat. Bibl. Kammergericht Berlin, Sp. 488; Stintzing-L. III/2, 199.
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