INAMA-STERNEGG,K., Staatswissenschaftliche Abhandlungen. Berlin 2013.
Staatswissenschaftliche Abhandlungen. 1. Aufl. Berlin, Duncker & Humblot, 2013.
16 x 23 cm. VII, 391 S. VII, 391 S. (Duncker & Humblot reprints). ISBN 9783428164684.
»Staatswissenschaftler, Statistiker, Wirtschaftshistoriker, * 20.1.1843 Augsburg, † 28.11.1908 Innsbruck. (katholisch)
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Amberg (Oberpfalz) wandte sich I. 1860 an der Univ. München dem Studium der Jurisprudenz, Volkswirtschafts- u. Staatslehre zu (1865 Promotion zum Dr. rer. pol.). Daneben betrieb er philosophische und historische Studien und versuchte sich auch als Schriftsteller und Pianist. Während seiner Münchener Jahre zählte u.a. Ibsen zu seinem Freundeskreis. Bereits mit seiner Dissertation ›Die volkswirtschaftlichen Folgen des 30jährigen Krieges für Deutschland‹ (1865) betrat er das Gebiet der Wirtschaftsgeschichte, der später ein Gutteil seiner wissenschaftlichen Arbeit gelten sollte. Zunächst mußte er jedoch 1864–67 bei verschiedenen Gerichtsbehörden Münchens praktizieren, wenngleich er schon damals eine akademische Karriere anstrebte. 1868 wurde er Privatdozent in München, noch im selben Jahr ao. Professor in Innsbruck, 1871 Ordinarius für politische Wissenschaften. 1880 übernahm I. eine Professur für politische Ökonomie an der Univ. Prag, erhielt gleichzeitig aber auch einen Ruf nach Breslau, und in Wien trug man ihm die Direktion des Bureaus für administrative Statistik an. Er übernahm dieses Amt 1881 und wurde Honorarprofessor für Statistik und Verwaltungslehre an der Univ. Wien, wo er in der Folge eine ganze Generation von Statistikern ausbilden sollte. 1884 wurde er auch Präsident der Statistischen Zentralkommission und vereinigte damit die beiden wichtigsten statistischen Organisationen in Personalunion. In dieser Funktion unternahm I. Aufbau und Reorganisation der amtlichen Statistik Österreichs, die seit der Mitte des 19 Jh. in stetem Niedergang begriffen war. Er wurde zum Pionier der zentralen Bearbeitung und Erfassung statistischen Materials nach wissenschaftlichen Kriterien, wobei er Theorie und Praxis eng zu verbinden trachtete (Volkszählungen 1880, 1890, 1900, Bevölkerungsbewegung 1895 ff., Grundbesitz- und landwirtsch. Lohnstatistik, Betriebszählung 1902, Österr. Städtebuch). Daneben pflegte und vertiefte er die internationalen statistischen Beziehungen, so daß man ihn 1899 zum Präsidenten des Internationalen Statistischen Institutes wählte. Das Quellenwerk ›Österr. Statistik‹, das Österr. Statistische Handbuch und die Entwicklung der Statistischen Monatsschrift zu einer international angesehenen Zeitschrift gehen auf ihn zurück.
Als Staatswissenschaftler führte I. die Tradition L. v. Steins fort, stand aber auch der historisch-ethischen Richtung der Nationalökonomie nahe. Als Historiker widmete er sich vornehmlich der Siedlungs-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte, wobei er den Brückenschlag zur Statistik und empirischen Sozialwissenschaft herzustellen suchte. Schon in Innsbruck gab er zusammen mit Zingerle die ›Tiroler Weistümer‹ (Bd. 1–3, 1875–80) heraus und regte die Edition der landesfürstl. Urbare Österreichs an. Hier entstand auch der 1. Band seines Hauptwerkes ›Deutsche Wirtschaftsgeschichte‹ (3 Bde., 1879–1901), des ersten Werkes, das den Begriff Wirtschaftsgeschichte im Titel führt und auch in Problemstellung und Bearbeitung neue Wege wies. Der Zusammenhang von Landbesitz, Besiedlung und Hoheitsrechten stand im Zentrum seiner weiteren wirtschaftshistorischen Forschungen.
Während I.s Verdienste als Statistiker unbestritten blieben, desgleichen seine kleineren historischen Abhandlungen und historischstatistischen Forschungen, fanden seine großen Werke mehrfach Gegner, die ihnen die letzte quellenmäßige Akribie absprechen wollten. Seine nationalökonomisch-theoretischen Arbeiten bewegten sich in konventionellen Bahnen. Vielfach führten ihn seine historischen Bestrebungen auch auf das Feld der Anthropologie, das er seiner historischen Methode zu integrieren trachtete. Auch der historischen Lohn- und Preisstatistik, der genealogisch-statistischen Forschung und der Kulturgeschichte im umfassenden Sinne gehörte sein Interesse.«
Matis, Herbert, in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 166–168
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