SOLMSSEN,G., Beiträge zur Deutschen Politik und Wirtschaft 1900–1933. Berlin 201
Beiträge zur Deutschen Politik und Wirtschaft 1900–1933. Gesammelte Aufsätze und Vorträge. Band I: Politik. 1. Aufl. Berlin, Duncker & Humblot, 2014.
16 x 23 cm. LII, 448 S. LII, 448 S. (Duncker & Humblot reprints). ISBN 9783428170050.
»Bankier, * 7.8.1869 Berlin, † 10.1.1957 Lugano (Kanton Tessin) (jüdisch, seit 1900 evangelisch)
Nach dem Besuch des Friedrich-Werderschen Gymnasiums in Berlin studierte S. Rechtswissenschaften in Straßburg, Leipzig und Freiburg (Br.) und war anschließend kurzzeitig Gerichtassessor in Frankfurt/Oder. 1898 reiste er nach New York, wo er im Auftrag des preuß. Justizministeriums über Fragen des gesetzlichen Schutzes der Baugläubiger in den USA recherchierte. Seine nach anderthalbjährigem Aufenthalt in den USA zu diesem Thema verfaßte jur. Dissertation beeinflußte die entsprechende gesetzliche Regelung im Reich und in Preußen. 1900 konvertierte S. zum Protestantismus und änderte seinen Namen von Salomonsohn in S., da er sich zur vollständigen Assimilation entschlossen hatte. Im selben Jahr trat S. in die ›Disconto-Gesellschaft‹, eine der führenden Berliner Großbanken ein, in der er rasch aufstieg. 1904 wurde er Direktor und 1911 in den Kreis der Geschäftsinhaber aufgenommen. S. stand somit in dritter Generation an der Spitze der Disconto-Gesellschaft und gehörte wie zuvor sein Vater und sein Cousin Arthur Salomonsohn zu den einflußreichsten Bankiers Deutschlands. Sein Hauptbetätigungsfeld waren zunächst die Erdölinteressen der Bank in Rumänien, die 1911 in der ›Deutschen Erdöl AG‹ (DEAG) zusammengefaßt wurden. Seit 1914 widmete er sich der Reorganisation des ›A. Schaaffhausen’schen Bankvereins‹ in Köln, der in den Konzern der Disconto-Gesellschaft eingegliedert wurde; 1914–24 war S. daher auch Vorstandsvorsitzender des A. Schaaffhausen’schen Bankvereins. Nach dem 1. Weltkrieg reiste er wiederholt geschäftlich in die USA. Für die ›Deutsch-Atlantische Telegraphen-Gesellschaft‹, deren Aufsichtsratsvorsitz er innehatte, betrieb er den Wiederanschluß Deutschlands an das internationale Kabelnetz. S., Inhaber zahlreicher Aufsichtsratsmandate, war auch verbandspolitisch (Vors. d. Centralverbandes d. Dt. Bank- u. Bankiergewerbes, 1930) und publizistisch in volkswirtschaftlichen und politischen Fragen tätig. Nach der Fusion der Disconto-Gesellschaft mit der Deutschen Bank im Okt. 1929 wurde er Vorstandsmitglied und 1933 für wenige Monate Vorstandssprecher des vereinigten Instituts. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten setzte S.s Wirken ein Ende. Der national-konservativ und gegenüber der Weimarer Republik kritisch eingestellte S. glaubte zunächst, durch seine Konversion vor dem Antisemitismus des NS-Regimes geschützt zu sein und an der wirtschaftlichen Erholung Deutschlands mitwirken zu können. Er übernahm zwar Ende 1933 in der Nachfolge von Oscar Wassermann (1869–1934), der sich öffentlich zum Judentum bekannte und wie das jüd. Vorstandsmitglied Theodor Frank (1871–1953) in einem Akt vorauseilenden Gehorsams entlassen wurde, das Amt des Vorstandssprechers, schied jedoch Ende Mai 1934 aufgrund der zunehmenden antijüd. Hetze und der fehlenden Solidarität seiner Kollegen vorzeitig aus dem Vorstand der Bank aus. Ihrem Aufsichtsrat gehörte er noch 1935–37 an. Sein Nachfolger als Vorstandssprecher wurde Eduard Mosler (1873–1939). 1936 emigrierte S. in die Schweiz, wo er sich bis zu seinem Tod v.a. mit landwirtschaftlichen Themen beschäftigte.«
Müller, Martin L., in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 557–558
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