MELODOS,R., Die Hymnen. Stuttgart 2005.
Die Hymnen. Erster Halbband. 1., Aufl. Stuttgart, Anton Hiersemann Verlag, 2005.
16 x 24 cm. X, 434 S. Leinen. (Bibliothek der griechischen Literatur, 62). ISBN 9783777205007.
Romanos Melodos, ein Zeitgenosse des byzantinischen Kaisers Justinian I., galt bei den Byzantinern und gilt bis heute in der Orthodoxie als der bedeutendste Dichter und Komponist kirchlicher Hymnen. Von den rund neunzig Texten, die in den byzantinischen Handschriften den Autornamen des Romanos tragen, sind wahrscheinlich zwei Drittel tatsächlich ihm zuzuschreiben. Sie zeichnen sich durch besondere Bildhaftigkeit und Lebendigkeit der Sprache aus. Diese als „Kontakia“ bezeichneten Hymnen wurden geschaffen, um im Rahmen von kirchlichen Feiern (Meßliturgien, Nachtwachen) rezitiert zu werden. Die Dichtungsform entstand wahrscheinlich im 5. Jahrhundert, als Blütezeit gilt die Schaffenszeit des Romanos, also die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts. Übersichtliche Strophengliederung, akzentuierende Metren, stark rhythmischer Gesang und die Beteiligung der Gläubigen, die in den Refrain am Ende jeder Strophe einstimmten, machten das Kontakion zu einem wirksamen Instrument eindringlicher Glaubensverbreitung.Die als echt angesehenen Hymnen des Romanos übersetzt Johannes Koder in die deutsche Sprache. Hierbei erfolgt die Ordnung der Hymnen in Anlehnung an den Festkalender der orthodoxen Kirche. Daher umfaßt die erste Gruppe sechzehn Hymnen der Kirchenfeste mit festem Datum zwischen dem 8. September (Geburt der Gottesgebärerin) und dem 29. August (Enthauptung Johannes des Täufers). Es folgt als zweite Gruppe die der 26 Hymnen der vorösterlichen Vorfasten- und Fastenzeit und als dritte Gruppe die der achtzehn Hymnen für die österliche und nachösterliche Zeit. Die Übersetzung sucht in Stil und Wortwahl die Liturgienähe der Originaltexte zu vermitteln, ohne „dichterisch“ zu sein oder den Versuch zu unternehmen, die Originale nachzuempfinden. Die der Übersetzung vorangehende Einleitung stellt nicht nur den Hymnographen und sein Werk vor, sondern führt auch in das historische und literarische Umfeld ein.Die Anmerkungen bieten in knapper Form Erläuterungen zur Textgestaltung, zum Inhalt und zum kirchlichen Festbezug, weiters Hinweise auf Parallelen in anderen Texten, wobei Schwerpunkte bei der Bibel und bei Ephraim dem Syrer gesetzt werden.Dieser erste Teilband enthält die Einleitung und die ersten 32 Hymnen, der zweite wird weitere dreißig sowie den (nicht von Romanos geschaffenen) Akathistos Hymnos enthalten.Die Hymnen des Romanos Melodos, über eineinhalb Jahrtausende hinweg unbestrittener Höhepunkt orthodoxer Poesie, bieten einen unmittelbaren Zugang zur Geisteswelt der christlichen Spätantike und des frühen Mittelalters. Sie tragen heute dazu bei, die vermeintlich fremde byzantinische Kultur, die für das heutige Europa prägend war, besser zu verstehen. Darüber hinaus spiegeln die Hymnen den Wesenskern eines gesamtkirchlichen Glaubensverständnisses wider und eröffnen Lesern und Hörern einen unmittelbaren, kraftvollen und zugleich dichterischen Zugang zu christlichem Denken aus der Zeit vor Schismen und Glaubensspaltungen.
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