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SCHÜCKING,W., Der Staatenverband der Haager Konferenzen. Berlin 2013.

Umschlag

SCHÜCKING, Walther,

Der Staatenverband der Haager Konferenzen. (Das Werk vom Haag, Band 1). 1. Aufl. Berlin, Duncker & Humblot, 2013.

16 x 23 cm. XII, 328 S. XII, 328 S. (Duncker & Humblot reprints). ISBN 9783428169764.

»Völkerrechtler, Politiker, * 6.1.1875 Münster (Westfalen), † 25.8.1935 Den Haag. (altkatholisch)

S. studierte nach dem Abitur in Münster seit 1894 Rechtswissenschaften in München, seit 1895 in Bonn und Berlin, seit 1896 in Göttingen. Im Mai 1897 legte er sein Referendarexamen am OLG Celle ab und wurde im selben Jahr mit einer von Ludwig v. Bar (1836–1913) angeregten Arbeit promoviert (Das Küstenmeer im internat. Recht, 1897, zugl. Preisschr. d. Göttinger Fak.). 1899 habilitierte S., der 1897 den Referendardienst in Dülmen angetreten hatte, sich unter der Betreuung Bars mit einer rechtshistorischen Studie (Der Reg.antritt, 1. Buch: Die Urzeit u. d. Zeit d. ost- u. westgerman. Stammesreiche, 1899) und erhielt die Lehrbefugnis für Staatsrecht, Völkerrecht, Kirchenrecht und Verwaltungsrecht. 1900 auf ein Extraordinariat in Jena berufen, nahm er stattdessen auf Anraten Friedrich Althoffs (1839–1908) einen Ruf nach Breslau an, wo er im Sept. 1900 zum jüngsten preuß. Extraordinarius ernannt wurde. 1902 wechselte er auf ein Extraordinariat in Marburg und wurde hier 1903 zum o. Professor für Staats-, Verwaltungs- und Völkerrecht ernannt. Seine Kritik an der Politik der preuß. Regierung gegenüber ethnischen Minderheiten, v.a. in den östlichen Provinzen Preußens (Das Nationalitätenproblem, 1908), führte zum Konflikt mit dem Kultusministerium und zum Ausschluß aus der Prüfungskommission für das Referendarexamen. Verschärft wurde dieser Gegensatz durch das publizistische Eintreten S.s für seinen Bruder Lothar. Bürgermeister von Husum, der wegen einer anonymen Broschüre über ›Die Reaktion in der inneren Verwaltung Preußens‹ (1908) seines Amtes enthoben worden war (Das Anklagematerial d. Kgl. Reg. gegen d. Bgm. Dr. Lothar Schücking in Husum, 1908). Seit 1903 der national-sozialen Bewegung um Friedrich Naumann (1860–1919) angehörend, bemühte sich S. 1908 und 1911 als Kandidat der linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei erfolglos um ein Abgeordnetenhausmandat. Zentral für seine politische und wissenschaftliche Tätigkeit war seit 1907 das Ziel, die internationale Staatenwelt zu einer Friedensordnung umzugestalten, die auf einem als ›Weltverkehrsrecht‹ gedeuteten Völkerrecht mit naturrechtlichen Elementen beruhte. Wichtigster Ansatzpunkt für diese ›Organisation der Welt‹ (in: FS Paul Laband 1908, S. 533–614, selbst. ersch. 1909) waren für S. die durch die Haager Konferenzen geschaffenen Institutionen, v.a. der Schiedsgerichtshof, denen er 1912 eine international beachtete Monographie widmete (Der Staatenverband d. Haager Konferenzen, 1912, engl. The International Union of the Hague Conferences, 1918). Als Kern eines ›Weltstaatenbundes‹ sollte diese Organisation die kriegerische Auseinandersetzung durch die gerichtsförmige Schlichtung internationaler Konflikte ersetzen. Durch den mit Otfried Nippold (1864–1938) 1910 gegründeten ›Verband für internationale Verständigung‹, der die Kräfte der Friedensbewegung und der Völkerrechtswissenschaft bündeln sollte, suchte S. diesen Forderungen auch im politischen Raum Gehör zu verschaffen (Neue Ziele d. staatl. Entwicklung, 1913), was ihm vor dem 1. Weltkrieg nur bedingt gelang. Einfluß gewann S. dagegen mit seiner seit 1915 vorgetragenen Forderung nach einem Organ obligatorischer Vermittlung bei internationalen Interessenkonflikten, das er 1918 als ›Völkerbund‹ bezeichnete. Dies und sein Engagement v.a. in der 1915 entstandenen ›Zentralorganisation für einen dauernden Frieden‹ führten dazu, daß er in die Delegation für die Versailler Friedensverhandlungen berufen wurde, für die er 1919 das Konzept eines Völkerbundstatuts mit einem Weltparlament und einem Staatenkongreß als Zentralorganen vorlegte, das jedoch weitgehend ohne Resonanz blieb. 1919–28 war S., der sich nachdrücklich gegen die Annahme des Versailler Friedensvertrags gewandt hatte, als Abgeordneter der DDP in der Nationalversammlung und dann im Reichstag vertreten. Er wurde Vorsitzender der 1918 gegründeten Kommission ›zur Untersuchung der Anklagen wegen völkerrechtswidriger Behandlung der Kriegsgefangenen in Deutschland‹ und präsidierte 1924–28 dem parlamentarischen Untersuchungssausschuß zur Rolle Deutschlands vor und während des Krieges. In seiner Partei geriet er allerdings v.a. aufgrund seiner entschiedenen Kritik an der obrigkeitsstaatlichen Tradition Preußens in die Isolation. 1921 als Nachfolger von Hugo Preuß (1860–1925) an die Handelshochschule Berlin berufen, engagierte sich S. in verschiedenen Ämtern für die Errichtung einer neuen Völkerrechtsordnung. Als Verfasser v.a. des wichtigsten Kommentars zur Völkerbundssatzung (Die Satzung d. Völkerbundes, mit H. Wehberg, 1921, 1924, 1931) und Dogmatiker eines Völkerrechts der friedlichen Streitbeilegung (s.a. Das völkerrechtl. Inst, d. Vermittlung, 1923) erlangte S. auch in der Völkerrechtswissenschaft großes Ansehen. Dem entsprach die Berufung auf die Nachfolge vonTheodor Niemeyer (1857–1939) an die Spitze des von ihm gegründeten ›Instituts für Internationales Recht‹ an der Univ. Kiel 1926. Mit der Wahl zum ersten ständigen dt. Richter am Weltgerichtshof in Den Haag 1930 fand seine Karriere ihren Höhepunkt. S., der Ende 1933 wegen ›politischer Unzuverlässigkeit‹ seinen Lehrstuhl und die Leitung des Instituts in Kiel verlor, wirkte bis zu seinem Tod an diesem Gericht. Als führender Pazifist seiner Zeit und wichtigster dt. Theoretiker einer vergemeinschafteten Staatenorganisation des frühen 20. Jh. nahm S. in seiner Konzeption tragende Elemente einer völkerrechtlichen Ordnung vorweg, die 1945 durch die UN-Charta ihre Verwirklichung fand.«

Thier, Andreas, in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 631–633

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