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GERLICH,F., Geschichte und Theorie des Kapitalismus. Berlin 2013.

Umschlag

GERLICH, Fritz,

Geschichte und Theorie des Kapitalismus. 1. Aufl. Berlin, Duncker & Humblot, 2013.

13 x 21 cm. VIII, 406 S. VIII, 406 S. (Duncker & Humblot reprints). ISBN 9783428163663.

»Journalist, * 15.2.1883 Stettin, † 30.6.1934 Dachau bei München. (evangelisch, seit 1931 katholisch)

Gerlich besuchte das Stettiner Marienstiftsgymnasium und war während seiner Studienzeit in München (Naturwissenschaften, Geschichte) Vorsitzender der ›Freien Münchner Studentenschaft‹. 1906 trat er nach seiner Promotion in den bayerischen Archivdienst ein. Im Auftrage der Historischen Kommission erstellte er von 1909–12 den Registerband für die ADB. Im 1.Weltkrieg aus gesundheitlichen Gründen vom Militärdienst zurückgestellt, vertrat er nachdrücklich alldeutsche Kriegsziele. Zusammen mit E. Graf Bothmer und F. Freksa begründete er im März 1917 die Monatsschrift ›Die Wirklichkeit‹, die im Herbst des gleichen Jahres infolge ihrer radikalen Tendenz von der Zensur verboten wurde.

1919 ging Gerlich während der Räterepublik mit der Regierung Hoffmann nach Bamberg. Er vermittelte die Verbindung zu Noske und beteiligte sich bei den Vorbereitungen zur Befreiung Münchens. Dorthin zurückgekehrt, war er für einige Heimatschutzverbände mit Vorträgen und Artikeln tätig und bekämpfte publizistisch scharf den Marxismus und den Kommunismus, vor allem in den ›Historisch-politischen Blättern‹ und in den ›Süddeutschen Monatsheften‹. In dieser Zeit kam es zu einem Beleidigungsprozeß mit Dietrich Eckart, der ihn der angeblich jüdischen Abstammung wegen einen ›Judenzer‹ genannt hatte. Der Generaldirektor der Bayerischen Staatlichen Archive Jochner bestimmte Gerlichs weitere Laufbahn. Der Herausgeber der ›Süddeutschen Monatshefte‹ Paul Nikolaus Cossmann, der Bevollmächtigter für eine Industriegruppe bei den Münchner Neuesten Nachrichten geworden war, berief Gerlich auf Jochners Rat 1920 auf den Posten des Hauptschriftleiters dieser Zeitung. Infolge seiner publizistischen Begabung machte Gerlich in kurzer Zeit aus dem heruntergewirtschafteten Organ die angesehenste süddeutsche Tageszeitung. Er stützte zunächst Kahr, dessen von Hitler unterbrochene Rede am 8.11.1923 im Bürgerbräukeller mit von Gerlich verfaßt worden war. Nach dem Dolchstoßprozeß (1925) führte Gerlich die Zeitung in ein gemäßigt konservatives Fahrwasser hinein, wie es den bayerischen Verhältnissen entsprach. Infolge persönlicher Differenzen verließ er 1928 seinen Posten als Hauptschriftleiter und kehrte in den Archivdienst zurück.

Schon ein Jahr vorher hatte sein Leben eine entscheidende Wendung genommen. Von Haus aus skeptischer Calvinist, aber religiös veranlagt, wurde Gerlich nach einem Besuch in Konnersreuth durch die Visionen der stigmatisierten Therese Neumann auf das tiefste erschüttert. Unter diesem Eindruck konvertierte er 1931 zum Katholizismus. 1929 veröffentlichte er ein 2bändiges Werk über Konnersreuth, in dem Gerlich, dem Konnersreuth zum persönlichen Glaubenserlebnis geworden war, mit dem Rüstzeug seines scharfen Intellekts das Wunder von Konnersreuth mit wissenschaftlichen Methoden zu beweisen suchte, um abseits stehende Kreise zu gewinnen. Über Konnersreuth erhielt er Verbindung zu dem kämpferisch-katholischen Kreis um Erich Fürst Waldburg-Zeil, der 1930 als Geldgeber bei Übernahme und Umwandlung der völlig unbedeutenden Wochenschrift ›Der illustrierte Sonntag‹ in die von Gerlich geleitete Wochenschrift ›Der gerade Weg‹ auftrat. Gemeinsam mit P. I. Naab OFM Cap. führte Gerlich bis Februar 1933 in dieser Zeitung den Kampf gegen den Nationalsozialismus und auch gegen Hugenberg mit einem Mut und einer kompromißlosen Schärfe, die im damaligen Deutschland ohne Beispiel dastehen. Er ist einer der ersten gewesen, der den kriminellen Charakter des Nationalsozialismus und insbesondere seiner Führungsschicht erkannte. Am 9.3.1933 verhaftet, war er schwersten Mißhandlungen ausgesetzt und wurde 1934 anläßlich des Röhm-Putsches in Dachau ermordet.

Gerlich war infolge seines unbeherrschten Temperaments ein schwieriger Charakter und nicht leicht zu behandeln. Im Grund seiner Seele war er äußerst sensibel und weichherzig. Für das, was er jeweils als wahr erkannte, trat er unbedingt und ohne Schonung der eigenen Person ein.«

Aretin, Karl Otmar Freiherr von, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 307 f.

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